„Im Nachwuchs-Leistungssport scheiden etwa 90 Prozent der Mädchen und 75 Prozent der Jungen vorzeitig aus dem Trainingsprogramm aus – und zwar oft die talentiertesten.
Professor Dr. Paul Haber moniert, dass zu oft zu früh ein zu hoher Trainingsumfang abverlangt wird. Häufig wird nicht der optimale Zyklus je Trainingsjahr eingehalten: 1. In der Vorbereitungsperiode sollen die technischen und konditionellen Grundlagen allmählich entwickelt werden. 2. In der Wettkampfperiode soll die Hochform entstehen. 3. Die Übergangsperiode soll der Regeneration und der Vorbereitung auf den nächsten Zyklus dienen. Studien belegen, dass ein Zuviel an hartem Training nicht nur die Gesundheit, sondern auch die Leistung schädigt.
„Die Aufgaben im schulischen und sportlichen Ausbildungssystem, soziale Verpflichtungen und konkurrierende Interessen prallen oft unkoordiniert aufeinander und führen zur Resignation bis hin zur Erschöpfung. Die Zunahme dieser Stressoren und die Reizüberflutung durch Kommunikationstechnologien“ können auch ambitionierte Jugendliche überfordern, resümiert Dr. Thomas Wörz.
Als positives Gegenmodell empfiehlt Professor Dr. Jürgen Beckmann ein Life Coaching: „Grundorientierungen sind Selbstbestimmung, Freude sowie Wertschätzung. Dabei wird eine körperliche, psychische und soziale Entwicklung über verschiedene Systeme hinweg angestrebt. Essenziell ist, dass die persönliche Bildung und Persönlichkeitsentwicklung Vorrang vor einem spezialisierten Training hat. Wahlmöglichkeiten in verschiedenen Systemen werden angeboten.
Bei allen Angeboten geht Qualität vor Quantität, d.h. nicht der Umfang an Trainingsmaßnahmen ist entscheidend, sondern eine qualitativ hochwertige Ausführung. Dazu gehört, dass die Athletinnen und Athleten verstehen, welche Funktion die Trainingsmaßnahme hat und auf welche Aspekte es im Besonderen ankommt. Mit fortschreitendem Trainingsalter und damit zunehmender individueller Expertise, entscheiden Sportlerinnen und Sportler zunehmend selbst über Trainingsinhalte und -umfänge.“
Beckmann fordert eine Coachingphilosophie, die bisher im Leistungssport nur selten umgesetzt wird:
– Eine individualisierte, athletenzentrierte Grundorientierung; Athletinnen und Athleten als Einzelindividuen mit unterschiedlichen Merkmalen akzeptieren und entsprechend individuenzentriert coachen
– Fokussierung auf eine ganzheitliche Entwicklung: technisch, physisch, psychisch, sozial
– Fehlerkultur: Entwicklung von selbstreflektiven AthletInnen, die Entscheidungen treffen können und aus Fehlern lernen
– Statt AthletInnen zu sagen, was sie tun sollen, Fragen stellen und ihnen dabei helfen, selbst Lösungen zu finden, ihre Ressourcen zu erkennen, aufzubauen und zu nutzen
– Gemeinsam mit AthletInnen und Mannschaften Ziele erkennen, klären und verbindlich setzen
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